Zugewinn – Ausgleich Zugewinnausgleich bei landwirtschaft oder forstwirtschaftlichen Betrieben
Inhalt:
- 1 Zugewinn – Ausgleich Zugewinnausgleich bei landwirtschaft oder forstwirtschaftlichen Betrieben
- 2 Anfangsvermögen Endvermögen
- 3 Ertragswert
- 4 Landesrecht
- 5 Multiplikatoren Vervielfältiger des Reinertrags
- 6 Schutzwürdiger Betrieb
- 7 Zugewinnermittlung Beispiel Bayern
- 8 Steuern latente Steuern
- 9 Rechtsgrundlagen
Für die Bewertung des Anfangs und Endvermögens von land- oder forstwirtschaftlichen Betrieben Zugewinn Landwirtschaft im System des Zugewinnausgleichs gilt das Bewertungs bzw. Landwirtschaftsprivileg gemäß § 1376 Abs. 4 BGB.
Anfangsvermögen Endvermögen
bei Zugewinn Landwirtschaft
Das Bewertungsprivileg gilt auch bei der Erbe von Landgütern nach dem BGB. Ein land- oder forstwirtschaftlicher Betrieb, der bei der Berechnung des Anfangsvermögens und des Endvermögens zu berücksichtigen ist, wird mit dem Ertragswert angesetzt, wenn der Eigentümer nach § 1378 Abs. 1 BGB in Anspruch genommen wird und eine Weiterführung oder Wiederaufnahme des Betriebs durch den Eigentümer oder einen Abkömmling erwartet werden kann, die Vorschrift des § 2049 Abs. 2 BGB ist anzuwenden.
Ertragswert
Der Ertragswert bestimmt sich nach dem Reinertrag, den das Landgut nach seiner bisherigen wirtschaftlichen Bestimmung bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung nachhaltig gewähren kann.
Der Ertragswert land oder forstwirtschaftlicher Betriebe fällt in aller Regel weitaus niedriger aus als der volle wirkliche Wert bzw. Verkehrswert. Ein Zugewinnausgleich auf der Grundlage des Verkehrswerts kann die geschlossene Erhaltung und Fortführung des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs gefährden. Der Ertragswertansatz stellt somit eine Schutzfunktion zur Erhaltung der bäuerlichen Struktur und Landwirtschaft dar.
Im Rahmen einer Gütergemeinschaft ist grundsätzlich der Verkehrs Marktwert für den landwirtschaftlichen Betrieb als Wertansatz für das Anfangs- und Endvermögen anzusetzen. Soweit im Ehevertrag ausdrücklich nichts anderes vereinbart ist.
Bei der Wertermittlung folgende Prinzipien des Zugewinn in Landwirtschaft maßgebend:
- 1. Verkehrswertprinzip Marktwertprinzip Ausnahme, Ertragswert nach § 1376 BGB
- 2. Vorsichtsprinzip
- 3. Methodenprinzip
- 4. Abgrenzungsprinzip
Bei der Ertragswertermittlung nach § 2049 BGB darf im Unterschied zur allgemeinen Immobilienbewertung nach ImmoWertV nicht das Ertragsverfahren nach den §§ 27 bis 34 ImmoWertV angewendet werden. Der Ertragswert nach ImmoWertV soll bei Ansatz marktkonformer Daten unter Berücksichtigung besonderer objektspezifischer Grundstücksmerkmale direkt zum Verkehrs-/Marktwert führen.
Dagegen ist der Ertragswert nach § 2049 BGB nicht mit dem Verkehrs-/Marktwert gleichzusetzen.
Der Ertragswert im Sinne des § 2049 Abs. 2 BGB basiert auf betriebswirtschaftlich ermittelten Jahresabschlüssen der Deckungsbeitragsmethode, der sonstigen betrieblichen Erträge und der Festkostenermittlung. Ausgehend vom Roheinkommen unter Berücksichtigung des Lohnanspruchs des Betriebsleiters und seiner mitarbeitenden nicht entlohnten Familienangehörigen ergibt sich der Reinertrag.
Der Reinertrag multipliziert mit dem landesrechtlichen Vervielfältiger ergibt den Ertragswert nach § 2049 BGB.
Landesrecht
Nach Art. 137 EGBGB i.V.m. § 1376 Abs. 4 und § 2049 BGB sind landesrechtliche Vorschriften zur
Ermittlung des Ertragswerts zu beachten.
Entsprechendes gilt im Übrigen in den Fällen des
- § 1515 Abs. 2 und 3 BGB
Übernahmerecht eines Landgut - § 2049 BGB Übernahmerecht an einem Landgut durch Miterben
Übernahmerecht eines Landgut durch einen Miterben - § 2312 BGB
Berechnung des Pflichtteils bei Übernahmerechten
Multiplikatoren Vervielfältiger des Reinertrags
nach § 2049 BGB
Bundesländer Multiplikator | Vervielfältiger Multiplikator |
Baden-Württemberg ab 1974 | 18 |
Württembergisches Anerbengesetz | 10 |
Bayern ab 1982 | 18 |
Hessen ab 1984 | 25 |
Nordrhein-Westfalen | 25 |
Rheinland-Pfalz ab 1976 | 25 |
Saarland | 25 |
Oldenburgische Gebiete (Birkenfeld) | – |
Niedersachsen ab 1976 | 17 |
Schleswig-Holstein | – |
Bremen | – |
Bremen HöfeG | 25 |
Hamburg | – |
Sachsen ab 1976 | – |
Thüringen ab 1976 | – |
Sachsen-Anhalt ab 1976 | – |
Brandenburg ab 1976 | – |
Mecklenburg-Vorpommern ab 1976 | – |
Berlin West | 25 |
Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 16.10.1984 die Eigentümer derartiger land- oder forstwirtschaftlichen Betriebe gesehen, bei denen die Anwendung des Ertragswerts als Bewertungsmaßstab zu einer
da „ausnahmslos der Ertragswert den Bewertungsmaßstab bildet“, auch wenn dies nicht zur Erhaltung leistungsfähiger Höfe in bäuerlichen Familien begründet ist. Das Gericht führt als Beispiel den Fall an.
In einem derartigen Fall hält das Gericht die allgemeinen Bestimmungen der §§ 1381 und 1382 BGB für ausreichend, um Härten zu vermeiden.
Das BVerfG hat in einem weiteren Beschluss8 die von ihm genannte Opfergrenze gezogen:
. Die Berücksichtigung entfernterer Verwandter überschreite dagegen die Opfergrenze.
Schutzwürdiger Betrieb
Die geltende Fassung des § 1376 Abs. 4 BGB soll das eigentliche Ziel des § 1376 Abs. 4 BGB verdeutlichen, nämlich die Erhaltung schutzwürdiger Betriebe.
Landguteigenschaft | Leistungsfähigkeit | Betriebsfortführung |
Alleineigentum | Gewinnerwirtschaftung | Dauerhaft |
Landwirtschaft | gesicherte Betriebsexistenz | fachliche Führungskompetenz |
Wohn- und Wirtschaftsgebäude | Keine Hobby geführte Landwirtschaft | Gesichertes Betriebskonzept |
Größe Umfang des Landgutes | ||
Nebenerwerbsbetrieb | Die Landwirtschaft liefert den wesentlicher Einkommensbeitrag. | |
Vorübergehende zeitweilige Verpachtung | Es muss ein Abkömling “absehbar sein” | |
Die geltende Regelung sieht für das Bewertungsprivileg, die Anwendung des Ertragswerts, eine mehrfache Einschränkung vor:
- Der Eigentümer eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs muss auf Zugewinnausgleich in Anspruch genommen werden; denn nur in diesem Fall besteht die Gefahr einer Betriebszerschlagung durch die Ausgleichsforderung. Ist der Eigentümer selbst Gläubiger der Ausgleichsforderung, besteht kein Grund, seinen land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb anders zu behandeln als sonstiges Vermögen.
- Die künftige land- und forstwirtschaftliche Nutzung des Betriebs muss erwartet werden können.
- Die Weiterführung oder Wiederaufnahme des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs muss nicht nur – an sich – gesichert, sondern gerade von dem derzeitigen Eigentümer oder seinen Abkömmlingen erwartet werden können, das Alleineigentum einer natürlichen Person.
Zugewinnermittlung Beispiel Bayern
Zugewinn Landwirtschaft
Stichtag | Position | Faktor Multiplikator Verfielfältiger | ||
Wertermittlungsstichtag 1 | Eigentum Reinertrag p.A. | |||
37.000 € | x | 18 | 666.000 € | |
Pachtfläche | ||||
150 € | x | 8,6 | 1.290 € | |
Gesamt Ertragswert: | 667.290 € | |||
Ertragswert gerundet: | 667.000 € | |||
Wertermittlungsstichtag 2 | Eigentum | |||
41.000 € | x | 18 | 738.000 € | |
Pachtfläche | ||||
8.000 € | x | 7,8 | 62.400 € | |
Gesamt Ertragswert: | 800.400 € | |||
Ertragswert gerundet: | 800.000 |
In Bayern betragt der Ertragswert bei einem Zinssatz von 5,5 % das 18fache des jährlichen Reinertrags der Eigentumsflachen. Für die Pachtflachen kommt aufgrund der begrenzten Verfügbarkeit der Flachen ein Vervielfältiger zum Ansatz. Für eine Pachtflache wurde die tatsachliche Restpachtdauer von 12 Jahren zum Stichtag 1 angesetzt. Daraus ergibt sich ein Vervielfältiger von 8,6. Die Restpachtdauer zum Wertstichtag 2 wird ein Vervielfältiger von 7,8 ermittelt
Ergebnis der Berechnung:
Der Ertragswert für den landwirtschaftlichen Betrieb beträgt nach § 2049 BGB:
zu Wertermittlungsstichtag 1 gerundet 667.000 €
zu Wertermittlungsstichtag 2 gerundet 800 000 €.
Zur Ermittlung des Zugewinns ist der Ertragswert des Anfangsvermögens auf den Stichtag des Endvermögens
zu indexieren.
Nach erfolgter indexierung des zu Wertermittlungsstichtag 1 auf den Stichtag zu Wertermittlungsstichtag 2 wird die Differenz gebildet, der Zugewinn in der Landwirtschaft.
Steuern latente Steuern
Die Bewertung und Berechnung gehört in den Sachbereich Steuerberatung und Wirtschaftsprüfer, nicht in den Wirkungsbereich eines landwirtschaftlichen Sachverständigen.
Wenn ein landwirtschaftlicher Betrieb, der dem Betriebsvermögen zuzuordnen ist, mit dem vollen, wirklichen Wert Verkehrs Marktwert anzusetzen ist, ist eine latente Steuerlast zu berücksichtigen. Der Steuersatz bemisst sich nach den maßgebenden rechtlichen und tatsächlichen Verhältnissen zum Bewertungsstichtag. Der BGH stellt dabei auf den Wert ab, der bei einer Veräußerung zu erzielen wäre, unabhängig von einer Veräußerungsabsicht eines fiktiven Verkauf. Es stellt sich die Frage, ob die latente Ertragssteuerlast auch beim ermittelten Ertragswert nach § 2049 BGB zu berücksichtigen ist.
Da der Ertragswert nach § 2049 BGB i.d.R. deutlich niedriger als der Verkehrswert ist und sich nicht am Veräußerungswert, sondern an gesetzlichen Vorgaben orientiert, ist zumindest aus fachlicher Sicht der Ansatz der latenten Ertragssteuerlast nicht gerechtfertigt. Auch ist zu bedenken, dass der Ertragswert nach § 2049 BGB nicht eine fiktive Veräußerung zugrunde legt, sondern von einer Fortführung des Betriebs ausgeht. Bei einer Betriebsfortführung fallen keine Ertragssteuern an. Es wird in der Bewertung davon ausgegangen, dass bei Ausschluss der Veräußerungsfiktion keine latenten Ertragssteuern abzuziehen sind.
Rechtsgrundlagen
- § 1376 Wertermittlung des Anfangs- und Endvermögens
- § 1377 Verzeichnis des Anfangsvermögens
- § 1378 Ausgleichsforderung
- § 1379 Auskunftspflicht
- § 1380 Anrechnung von Vorausempfängen
- § 1381 Leistungsverweigerung wegen grober Unbilligkeit
- § 1384 Berechnungszeitpunkt des Zugewinns und Höhe der Ausgleichsforderung bei Scheidung
- § 1385 Vorzeitiger Zugewinnausgleich des ausgleichsberechtigten Ehegatten bei vorzeitiger Aufhebung der Zugewinngemeinschaft
- § 1386 Vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft
- § 1387 Berechnungszeitpunkt des Zugewinns und Höhe der Ausgleichsforderung bei vorzeitigem Ausgleich oder vorzeitiger Aufhebung